Worauf sich Makler und Vermittlerunternehmen jetzt einstellen müssen

Arbeitgeber in ganz Europa sind schockiert, denn nach dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) steht vielen ein erheblicher administrativer Mehraufwand bevor.

Was ist passiert?

Eine spanische Gewerkschaft hatte vor dem EuGH gegen den Arbeitgeber Deutsche Bank geklagt. Ziel der Klage war es, das Finanzunternehmen zur Einführung eines Zeiterfassungssystems zu verpflichten, damit die täglich geleistete Arbeit exakt dokumentiert wird.

Die spanische Gewerkschaft berief sich auf:

  • Die Grundrechtecharta der Europäischen Union
  • und deren Arbeitszeitrichtlinie (diese besagt: Maximal 48 Stunden Arbeit pro Woche, mindestens elf Stunden Ruhezeit am Stück pro Tag und mindestens einmal in der Woche 24 Stunden Ruhezeit).

Die Arbeitgeberseite hingegen auf:

  • Die spanische Rechtsprechung, die lediglich eine Aufzeichnung von Überstunden vorsah.
Mann mit Uhr statt Kopf, Arbeitszeiterfassung Urteil EuGh

Der EuGH schließt sich in seinem Urteil der Auffassung der Kläger an: Nach EU-Recht habe jeder Arbeitnehmer das Grundrecht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit und auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten. Dieses Recht könne ohne ein umfassendes System der Arbeitszeiterfassung weder objektiv noch verlässlich ermittelt werden. Nur damit hätten Arbeitnehmer die Möglichkeit, ihre Rechte auch durchzusetzen. Die bloße Erfassung von Überstunden sei unzureichend.

Mit dem Urteil sind alle EU-Mitgliedstaaten zu einer nationalen Umsetzung der Rechtsprechung verpflichtet. Solange haben Arbeitgeber Zeit, ein entsprechendes System einzurichten, mit dem die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter effektiv gemessen werden können.

Welche Systeme zur Arbeitszeiterfassung gibt es heute bereits?

Neben den klassischen Methoden wie Stundenzetteln oder Stempelanlagen gibt es diverse elektronische Erfassungssysteme. Dazu zählen Chips, Karten, PC-Programme oder Smartphone-Apps. So bietet z. B. das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bereits seit 2015 die kostenlose App „einfach erfasst“ an. Hier protokolliert der Arbeitnehmer mit einem Start/Stop-Knopf seine Arbeitszeiten. Diese werden dann unverschlüsselt an eine Mailadresse des Arbeitsgebers gesendet. Nach Angaben des BMAS wurde die App seit Veröffentlichung bislang über 15.600 Mal installiert.

Uhrwerk, Beitrag Urteil zur Arbeitszeiterfassung EuGH

Welche davon sind zulässig?

Diese Frage hat der EuGH bewusst offen gelassen. Die konkrete Umsetzung und Definition zulässiger Systeme bleibt den einzelnen EU-Staaten überlassen – einzige Anforderung: Das System muss „objektiv, verlässlich und zugänglich“ sein. Noch ist also nicht sicher, welche Formen der Arbeitszeiterfassung letztendlich in Deutschland zulässig sein werden.

Datenschutz-Bedenken nicht zu vernachlässigen

Nicht ganz einfach dürfte allerdings eine zulässige Umsetzung mit Blick auf den Datenschutz werden. Denn besonders kleine Unternehmen werden in der Regel Zeiterfassungssysteme externer Dienstleister einsetzen, da ihnen schlicht die Ressourcen zur Entwicklung einer eigenen Lösung fehlen. Wenn dann die verarbeiteten personenbezogenen Daten vom Dienstleister eingesehen werden können, müssen zusätzliche Maßnahmen für den Datenschutz getroffen werden. Die sorgfältige Auswahl eines entsprechenden Dienstleisters wird dabei wohl an erster Stelle stehen.

EuGH Urteil Arbeitszeiterfassung, DSGVO Siegel

Gewerkschaftsbund sieht Vorteile für beide Seiten

Während Arbeitgeberverbände vor allem den administrativen Mehraufwand durch die neuen gesetzlichen Vorschriften kritisieren, sieht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Interessen beider Seiten gestärkt. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin Spiegel erklärte eine DGB-Sprecherin: „Wenn von Beschäftigten regelmäßig Mehrarbeit erwartet wird, sie permanent erreichbar sein müssen und unter Druck stehen, wirkt sich das auf die Gesundheit der Beschäftigten aus. Und wenn wir wollen, dass Menschen auch im späten Alter noch erwerbsfähig sind, muss an dieser Stellschraube auch im Interesse der Unternehmen gedreht werden.