Ist ein Einbruchsdiebstahl ohne Spuren nachweisbar?

Liebe Leserinnen und Leser,

wie lässt sich ein Einbruchsdiebstahl beweisen, wenn es keine Spuren gibt? Unser Gastautor Rechtsanwalt Jens Reichow schreibt in diesem Beitrag über ein Urteil des Landgerichts Bremen, dass zu entscheiden hatte, welche Nachweise ein Versicherungsnehmer seiner Hausratversicherung in einem solchen Fall erbringen muss.

Wir wünschen viel Spaß beim Lesen.

Gastbeitrag:

Rechtsanwalt Jens Reichow, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Partner und Gründer der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Fehlende Einbruchsspuren / Versicherer lehnt Leistung ab

Zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestand eine Hausratsversicherung. Im März 2021 erstattete der Versicherungsnehmer eine Polizeianzeige aufgrund eines behaupteten Einbruchsdiebstahls. Daraufhin beauftragte der Versicherer ein Sachverständigenbüro mit der Feststellung des Versicherungsfalls. Der Versicherungsnehmer behauptete, es seien vom 22. – 28. März 2021 unbekannte Täter in seinen Kellerraum eingebrochen. Dabei hätten die Täter eine Designer-Jacke sowie vier Autofelgen entwendet. Der Wert der entwendeten Gegenstände belaufe sich auf 5.700 Euro. Der Kellerraum sei verschlossen gewesen und die Täter hätten das Schloss entwendet. Daneben hätten die unbekannten Täter auch weitere Kellerräume aufgebrochen. Den Einbruch habe der Versicherungsnehmer schließlich am 28. März 2021 bemerkt. Auf dieser Grundlage machte der Versicherungsnehmer Ansprüche aus der Hausratversicherung geltend.

Der Versicherer bestritt mit Nichtwissen,

  • dass der Kellerraum verschlossen gewesen sei;
  • dass unbekannte Täter ein Schloss aufgebrochen haben;
  • dass der Versicherungsnehmer die Auto-Felgen und die Designer-Jacke überhaupt erworben hatte;
  • die Authentizität der Designer-Jacke und
  • dass sich die in Frage stehenden Gegenstände überhaupt im Keller befunden hätten und von unbekannten Tätern entwendet worden waren.

Der Versicherer behauptete sogar, der Versicherungsnehmer hätte den Einbruchsdiebstahl nur vorgetäuscht. Dagegen erhob der Versicherungsnehmer Klage vor dem Landgericht (LG) Bremen.

Zum Nachweis des „äußeren Bildes“ eines Einbruchsdiebstahls

Für die Entstehung eines Anspruchs auf Leistung der Hausratversicherung muss eine versicherte Sache in Folge eines Einbruchsdiebstahls abhandengekommen sein. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt grundsätzlich der Versicherungsnehmer. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat in Fällen von Einbruchsdiebstählen jedoch eine Beweiserleichterung entwickelt, bei der dem Versicherungsnehmer in einer Sachversicherung Erleichterungen für den Beweis des Vorliegens eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalls zugebilligt werden, da sich das Leistungsversprechen des Versicherers auf einen typischerweise unbeobachteten Vorgang bezieht.

Vor diesem Hintergrund genügt der Versicherungsnehmer der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweispflicht, wenn er das „äußere Bild“ zureichend darlegen und beweisen kann, mithin ein Mindestmaß an Tatsachen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf einen Versicherungsfall zulassen. Der Nachweis des äußeren Bildes gelingt regelmäßig mit dem Nachweis von Einbruchsspuren. Diesbezüglich wird aber keine völlige Plausibilität oder Stimmigkeit der nachgewiesenen Spuren vorausgesetzt. Im Falle eines behaupteten Einbruchsdiebstahls in Gestalt eines Eindringens mithilfe von Werkzeugen hat der Versicherungsnehmer jedenfalls solche Spuren zu beweisen, die gerade damit in Einklang gebracht werden können und sich deswegen als geeignete Einbruchsspuren erweisen, so das LG Bremen.

Prüfung der Aussage des Versicherungsnehmers

Fehlen Einbruchsspuren, sei der Nachweis des äußeren Bildes eines versicherten Einbruchsdiebstahls nicht allein dadurch geführt, dass es theoretisch Einbruchsmethoden gibt, die keine Spuren hinterlassen, so das Landgericht Bremen. Im Falle fehlender Einbruchsspuren lässt sich der erforderliche Mindestbeweis jedoch führen, indem nachgewiesen wird, dass von mehreren möglichen Begehungsweisen der Tat, die nicht versicherten Begehungsweisen unwahrscheinlich sind, sofern sich daraus und aus weiteren Umständen eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die versicherte Begehungsweise folgern lässt.

Das Landgericht Bremen hörte hierzu auch den Versicherungsnehmer selbst an. Dieser machte zwar im Rahmen seiner Anhörung detaillierte und konsistente Angaben zu dem Erwerb der Designer-Jacke und zu den Hintergründen des Erwerbs der Auto-Felgen. Zum relevanten Kerngeschehen, der Entdeckung des Einbruchsdiebstahls und des Herbeirufens der Polizei fiel seine Aussage hingegen detailarm und unstimmig aus. Dieser Umstand löste große Verwunderung beim Richter aus. Die eigentliche Entdeckung des vermeintlichen Diebstahls hätte nämlich mit einer hohen Emotionalität seitens des Versicherungsnehmers einhergehen müssen. Im Übrigen war es dem Versicherungsnehmer weder möglich, die vermeintliche Entdeckung des Diebstahles widerspruchsfrei zu schildern, noch das Geschehen zeitlich korrekt einzuordnen.

Insgesamt ließ sich die Aussage in keinen logisch räumlich-zeitlichen Zusammenhang einordnen und war von einer Vielzahl von Widersprüchen gekennzeichnet, sodass das Landgericht Bremen von der Wahrheit der Behauptung nicht überzeugt war. Daher wies das Landgericht Bremen die Klage des Versicherungsnehmers ab.

Fazit zum Urteil des LG Bremen

Der Versicherungsnehmer steht bei einer Entwendung von versicherten Sachen oftmals vor erheblichen Nachweisproblemen. Die Frage, ob der Versicherungsnehmer den Nachweis eines Einbruchsdiebstahls erbracht hat, beschäftigt immer wieder die Gerichte (siehe hierzu auch Hausratversicherung: Einbruchdiebstahl nur bei Nachweis tatsächlich verschlossenen Gebäudes (OLG Dresden)). Wichtig ist daher, dass der Versicherungsnehmer zumindest das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls schlüssig vortragen kann. Lehnt der Versicherer trotzdem eine Leistung ab, so kann es durchaus sinnvoll sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren.

Rechtsanwalt Jens Reichow
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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